Mit ‚Stolz und Vorurteil*(*oder so)‘ bringt das Theater im Gärtnerviertel (TiG) eine moderne, witzige und zugleich tiefsinnige Neuinterpretation von Jane Austens Klassiker auf die Bühne – und das mit großem Erfolg.
Die gefeierte Bühnenfassung der schottischen Autorin Isobel McArthur, in der Übersetzung von Silke Pfeiffer, verwandelt die altbekannte Liebesgeschichte in ein funkelndes Spiel über Klassismus, Selbstbestimmung und weibliche Stärke. Regisseurin Nina Lorenz hat mit viel Gespür für Humor, Tempo und gesellschaftliche Relevanz ein Stück inszeniert, das gleichermaßen unterhält, überrascht und berührt. Schon zu Beginn wird klar: Hier wird nicht Jane Austens Welt nacherzählt – hier wird sie auf den Kopf gestellt.
Fünf Frauen, ein Dutzend Rollen – und ein unglaubliches Tempo
In einer wahren Schauspiel-Tour de Force schlüpfen fünf großartige Darstellerinnen in beinahe alle Figuren des Romans: von der sarkastischen Elizabeth Bennet bis zum arroganten Mr. Darcy, von neurotischen Müttern bis zu selbstverliebten Verehrern. Allen voran Elena Weber überzeugt als selbstbewusste und schlagfertige Elizabeth Bennet – klug, kühn und mit einer Prise moderner Rebellion. Ursula Gumbsch brilliert in ihrer Doppelrolle als Mrs. Bennet und Darcy, wechselt blitzschnell zwischen Komik und Kritik und hält dem Publikum dabei charmant den Spiegel einer Klassengesellschaft vor. Heidi Lehnert liefert als Mr. Collins eine so grotesk-komische wie abstoßende Performance, die ihresgleichen sucht, während Laura Mann als Jane Bennet nicht nur schauspielerisch, sondern auch stimmlich begeistert. Aline Joers schließlich überzeugt als Charlotte Lucas, deren Schicksal zwischen Vernunft und gesellschaftlicher Enge nachdenklich stimmt. Das Ensemble beeindruckt mit rasanten Rollenwechseln, punktgenauen Übergängen und sichtbarer Spielfreude. Jede Szene wirkt lebendig, spontan und dennoch perfekt abgestimmt.
Bühne, Kostüme und Musik: Ein Gesamtkunstwerk
Das Bühnenbild von Patrick L. Schmitz spielt gekonnt mit Kontrasten: Ein Baugerüst ersetzt die feinen Salons – wandelbar und symbolisch zugleich. Es wird zur Projektionsfläche einer Gesellschaft, die sich ständig verwandelt, aber ihre Hierarchien nie ganz verliert. Die Kostüme von Chrysenda Sailmann verbinden Jane-Austen-Flair mit einem modernen Twist. Florale Elemente greifen Motive der Originalgeschichte auf, ohne in Nostalgie zu verfallen. Dazu kommt die musikalische Einstudierung von Beate Roux, die den Abend mit eingängigen Popsongs und emotionalen Momenten auflädt – Karaoke inklusive.
Intelligent, witzig, aktuell
McArthurs Text ist frech, intelligent und überraschend werktreu, auch wenn die Perspektive völlig neu ist. Die fünf Dienstmädchen, die alle Figuren verkörpern, erzählen die Geschichte aus ihrer Sicht – mit ironischer Distanz und emotionaler Tiefe. So entsteht eine kluge Reflexion über Macht, Klasse und Geschlechterrollen, die in die Gegenwart weist. Regisseurin Lorenz betont in ihrer Inszenierung den feministischen und gesellschaftskritischen Kern, ohne den Spaß zu verlieren. Das Publikum lacht, staunt, singt mit – und geht mit vielen Gedanken nach Hause.
Ein Abend, der bleibt
‚Stolz und Vorurteil*(*oder so)‘ ist eines der sehenswertesten Stücke, die das TiG in jüngster Zeit auf die Bühne gebracht hat – unterhaltsam, feministisch, bewegend und voller Energie. Das Ensemble liefert eine Glanzleistung, die zeigt, wie zeitgemäß und vielschichtig Theater sein kann, wenn es wagt, Klassiker neu zu denken. Wer Lust auf eine kluge, humorvolle und musikalische Inszenierung hat, die Jane Austen mit heutiger Relevanz verbindet, sollte sich dieses Stück nicht entgehen lassen.
Weitere Vorstellungen und Ticketinfos
Nach der Premiere am 15. Oktober 2025 im Lager Küchen Hummel in der Emil-Kemmer-Straße 14 stehen zahlreiche weitere Termine auf dem Spielplan des Theaters im Gärtnerviertel. Das Publikum hat an folgenden Abenden die Gelegenheit, ‚Stolz und Vorurteil*(*oder so)‘ live zu erleben:
- Oktober: 16., 17., 18., 23., 24., 28. und 29. Oktober
- November: 9., 11., 12., 13., 14. und 15. November 2025
Die Vorstellungen beginnen jeweils um 19:30 Uhr (Einlass 18:45 Uhr). Nur am 9. November startet die Aufführung bereits um 18:00 Uhr (Einlass 17:15 Uhr). Tickets sind im Vorverkauf für 27 € (Abendkasse 28 €) erhältlich. Studierende und Schüler*innen zahlen 16 € im Vorverkauf bzw. 17 € an der Abendkasse. Karten gibt es beim BVD Bamberg (Langestraße 39/41, Tel. 0951 9808220, bvd-ticket.de) sowie bei Betten Friedrich (Obere Königstraße 43, Tel. 0951 27578, betten-friedrich.de).
















