Es braucht keine fünf Minuten, bis klar ist: Dieser Abend wird kein gewöhnlicher Theaterbesuch.
Patrick L. Schmitz und Valentin Bartzsch stürzen auf die Bühne, als hätte sich die Weihnachtsgeschichte selbst verschluckt und ausgespuckt – und das Publikum ist vom ersten Moment an elektrisiert. Das Chaos hat Methode, der Witz ein eigenes Tempo, und das TiG (Theater im Gärtnerviertel) beweist gleich zu Beginn, wie virtuos es mit Erwartungen spielt.
Komik, die mitreißt
Die beiden Darsteller wirbeln durch die Jahrtausende alte Erzählung, als sei sie ein überdimensionaler Schneeball, den sie mit jedem Rollen größer, absurder und unberechenbarer machen. Schmitz überzeugt dabei mit seiner ausgeprägten Gesichtskomik, die immer wieder für laute Lacher sorgt – dies geht sogar so weit, dass er manchmal selbst darüber schmunzeln muss. Figuren wechseln im Stroboskop-Takt, die Handlung überschlägt sich, und nicht selten stellt man sich unweigerlich die Frage: Wer spricht hier eigentlich gerade – und warum so hysterisch? Doch genau aus diesem rasenden, liebevoll orchestrierten Durcheinander entsteht der unwiderstehliche Charme dieser Inszenierung.
Zwischen Klamauk und existenzieller Sanftmut
Was das Spiel jedoch besonders macht, ist der Mut zu Brüchen. Valentin Bartzsch versteht es meisterhaft, die tobende Komik abrupt in ruhige, fast fragile Momente überzuführen. Und plötzlich, mitten im Chaos, schimmert der eigentliche Kern der Weihnachtsgeschichte auf: die Nächstenliebe – ein Wert, der in unserer lauten Gegenwart oft erschreckend leise geworden ist. Diese plötzlichen Stimmungswechsel sind kein dramaturgischer Zufall, sondern bewusst gesetzte Atemzüge, die dem Stück eine überraschende Tiefe verleihen. Hier zeigt sich auch die feinfühlige Regie von Daniel Seniuk, der die Gratwanderung zwischen Klamauk und besinnlicher Wärme präzise steuert. Er lässt seinen Darstellern Raum für Impulse, ohne das Tempo oder die emotionale Balance aus dem Blick zu verlieren.
Der Höhepunkt der Absurdität: eine Geburt, wie die Welt sie noch nicht gesehen hat
Einer der denkwürdigsten Momente des Abends ist die Darstellung der Geburt des Jesuskindes – gespielt von zwei Männern, die sich mit sichtbarer Spielfreude und Mut zur Überzeichnung in diese zentrale Szene werfen. Die Mischung aus Komik, Improvisation und charmantem Wahnsinn sorgt für anhaltendes Gelächter im Publikum. Ein Pömpel spielt ebenfalls eine nicht ganz unwesentliche Rolle – wie genau, wird an dieser Stelle nicht verraten. Sicher ist nur: Diese Szene gehört zu den Augenblicken, die man noch lange im Kopf behält.
Musik, die trägt – und ein Bühnenbild, das das Chaos adelt
Franz Tröger, der nicht nur musikalisch begleitet, sondern sich selbst mit großer Spielfreude einbringt, verleiht dem Abend eine Klangfarbe, die von zarten Weihnachtsmotiven bis zu ironischen Einschüben reicht. Die Kostüme von Nikola Voit schwelgen in herrlicher Übertreibung, während Bühne, Licht und Regie ein Gesamtbild schaffen, das wie ein lebendig gewordenes Bilderbuch wirkt – nur eben eines, das ständig von der Tischkante fällt und sich neu sortieren muss.
Barlows Kunst der grandiosen Katastrophe
Patrick Barlow, der britische Meister des kontrollierten Scheiterns, hat mit ‚Der Messias‘ ein Stück geschaffen, das sich lustvoll im Abgrund zwischen Improvisation, Slapstick und Hochkultur tummelt. Sein Markenzeichen – große Geschichten mit minimaler Ausstattung und maximalem Chaos – pulsiert in jeder Szene. Nichts funktioniert reibungslos, alles driftet ab, kippt, wankt – und genau darin liegt die geniale Konstruktion dieses Theaterabends.
Termine & Tickets – Wer das Spektakel erleben möchte
Wer diesen großartigen Theaterabend nicht verpassen möchte, kann für folgende Termine Karten erwerben: 3., 4., 5., 11., 12., 13., 14., 17., 18. und 19. Dezember, jeweils um 20:00 Uhr (Einlass 19:15 Uhr). Die Vorstellung am 14. Dezember findet bereits um 16:00 Uhr statt (Einlass 15:15 Uhr).
Tickets kosten 27 € im Vorverkauf (Studierende/Schüler 16 €) und 28 € an der Abendkasse (ermäßigt 17 €). Erhältlich sind sie bei:
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BVD, Langestraße 39/41, Tel. 0951/9808220
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Betten Friedrich, Obere Königstraße 43, Tel. 0951/27578
Gespielt wird im neuen Festsaal der Städtischen Musikschule Bamberg, St.-Getreu-Str. 14, Bamberg.
Ein Abend, der mit viel Humor und Herz in Erinnerung bleibt
‚Der Messias‘ zeigt eindrucksvoll, wie lebendig und nahbar Theater sein kann, wenn es sich traut, Traditionen auf humorvolle Weise aufzubrechen. Das TiG präsentiert eine Inszenierung, die mit Spielfreude, Mut zum Chaos und fein gesetzten leisen Momenten überzeugt. Zwischen überdrehten Szenen, musikalischer Unterstützung und überraschender Wärme entsteht ein Theatererlebnis, das das Publikum nicht nur zum Lachen bringt, sondern ihm auch einen kleinen Blick auf den Kern der Weihnachtsgeschichte schenkt. Ein Abend, der leicht beginnt, stark bleibt und mit einem guten Gefühl nachhallt.















