Dr. Jürgen Gerdes, der erste hauptamtliche Naturschutzbeauftragte der Stadt Bamberg, tritt Ende August nach 30 Jahren im Dienst der Unteren Naturschutzbehörde in den Ruhestand.
In einem Interview reflektiert der promovierte Biologe seine Karriere und die Herausforderungen, die der Naturschutz in einer wachsenden Stadt mit sich bringt.
Die Entdeckung des Wachtelkönigs
Auf die Frage nach seiner spannendsten Entdeckung erinnert sich Dr. Gerdes an die 1990er Jahre, als er gemeinsam mit Thomas Stahl vom Landesbund für Vogelschutz drei rufende Wachtelkönig-Männchen in der Südflur am Sendelbach entdeckte. Diese vom Aussterben bedrohte Vogelart war lange Zeit nicht mehr in Deutschland gesehen worden. Dank Tonbandaufnahmen gelang es, den Vogel anzulocken und schließlich im Taschenlampenlicht zu beobachten.
Rückkehr des Storches und erhöhte Artenvielfalt
Ein weiteres Highlight war die Rückkehr des Storches nach Bamberg vor vier Jahren, die vorher 120 Jahre lang verschwunden waren. Nun brütet der Storch wieder auf dem früheren Barockhotel. Zusätzlich haben sich neue Arten wie die Italienische Schönschrecke und Holzbienen, die aus dem mediterranen Raum einwandern, in Bamberg angesiedelt. Dr. Gerdes betont, dass der Klimawandel zur Zunahme der Artenvielfalt führt, da wärmere Klimata mehr Arten beheimaten. Allerdings bringt dies auch Herausforderungen mit sich, insbesondere für Gebirgsarten, die keinen Ausweichraum mehr haben, wenn die Gipfel zu warm werden.
Bambergs Naturschutzbilanz
Bamberg hat aufgrund seiner geografischen Lage und der Bemühungen der letzten 30 Jahre eine solide Basis im Naturschutz. Dr. Gerdes lobt die Stadtplanung, die alte Industriebrachen in Wohnviertel umgewandelt und dabei Rücksicht auf natürliche Ressourcen genommen hat. Dennoch warnt er auch vor dem Verlust von Lebensräumen durch Flächenversiegelung.
Professionalisierung des Naturschutzes
In den letzten Jahrzehnten hat der Naturschutz enorm an Bedeutung und Professionalität gewonnen. Dr. Gerdes berichtet von der Notwendigkeit, sich mit EU-Richtlinien auseinanderzusetzen und Verträge mit Landwirten abzuschließen. Dank der Aufstockung seiner Stelle um eine weitere Fachkraft ist Bamberg nun besser gerüstet, um den gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden. Auch die durch den Abzug der US-Armee freigewordenen Konversionsflächen sind für den Naturschutz von großer Bedeutung. Dr. Gerdes berichtet stolz, dass ein Großteil dieser Flächen unter Naturschutz steht, was ein großer Erfolg für den Naturschutz und die Bamberger Bürger ist.
Zukunftsausblick
Dr. Gerdes ist optimistisch, dass Bamberg in den nächsten 30 Jahren noch grüner wird. Der Klimawandel und die Klimaanpassung erfordern eine stärkere Durchgrünung. Hierfür gibt noch viele Flächen mit genügend Potenzial, darunter beispielsweise Wände, Zäune und Dächer. Ein neues Förderprogramm soll diese Maßnahmen in Zukunft unterstützen.
Geheimtipps und Lieblingsplätze
Für Naturliebhaber empfiehlt Dr. Gerdes den stadtökologischen Lehrpfad, der vom Michelsberg zur Altenburg führt und verschiedene Biotoptypen zeigt. Sein persönlicher Lieblingsplatz ist der alte Rothof mit einer beeindruckenden Aussicht und einer schönen Kirschbaumreihe, die zur Blütezeit besonders sehenswert ist.
Fazit zum Ruhestand
Dr. Jürgen Gerdes blickt zufrieden auf seine Zeit als Naturschutzbeauftragter zurück. Trotz der Herausforderungen hat er maßgeblich dazu beigetragen, Bambergs Natur zu bewahren und zu fördern. Seine Nachfolger, Thomas Fischer und Katja Lüdicke, werden diese Arbeit fortsetzen und den Naturschutz in Bamberg weiter vorantreiben.