Ab dem 1. November 2024 wird im deutschen Gesundheitswesen eine bedeutende Änderung in der Physiotherapie eingeführt. Mit der sogenannten Blankoverordnung erhalten Physiotherapeuten mehr Verantwortung und Flexibilität bei der Gestaltung der Therapie.
Dies betrifft vor allem Patienten mit Rücken-, Knie- und Schulterschmerzen, die ab November nicht mehr zwingend zur Nachverordnung zum Arzt müssen. Der Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die Neuerungen, erklärt die Vorteile der Blankoverordnung und beleuchtet die finanziellen Auswirkungen für Patienten.
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Was ist eine Blankoverordnung?
Eine Blankoverordnung ist ein ärztliches Rezept, bei dem der Arzt zwar die grundsätzliche Verordnung für eine physiotherapeutische Behandlung ausstellt, aber die exakte Art und Dauer der Therapie an den Physiotherapeuten überträgt. Das bedeutet, dass Physiotherapeuten künftig selbst bestimmen, welche Behandlungsmethoden angewendet werden und wie oft oder lange der Patient behandelt werden soll.
Diese neue Form der Verordnung soll die Behandlung gezielter und effizienter machen, da Physiotherapeuten den Behandlungsplan flexibel an den individuellen Heilungsverlauf des Patienten anpassen können. Die Blankoverordnung fördert eine individuelle und passgenaue Behandlung, die sich eng an den Fortschritten des Patienten orientiert.
Anwendungsbereiche und Einschränkungen der Blankoverordnung
Die Blankoverordnung ist ab November 2024 zunächst für eine Auswahl von 114 Diagnosen vorgesehen, die sich speziell auf den Schulterbereich konzentrieren. Darunter fallen beispielsweise Frakturen von gelenkbildenden Knochen und Schulterarthrose. Diese Erkrankungen eignen sich besonders gut für die flexible Anpassung der Behandlung durch den Physiotherapeuten, da der Heilungsverlauf oft schwer vorhersagbar ist.
Für komplexere Fälle oder spezielle Diagnosen bleibt jedoch weiterhin der Arzt verantwortlich. Hier müssen auch künftig Art und Dauer der Physiotherapie im Vorfeld ärztlich festgelegt werden. So wird sichergestellt, dass die Blankoverordnung gezielt für spezifische Krankheitsbilder genutzt wird, bei denen eine flexible Anpassung wirklich sinnvoll ist.
Ein Vorteil für Patienten: Sie müssen nicht mehr ständig zum Arzt zurückkehren, um sich eine neue Verordnung ausstellen zu lassen, wenn mehr oder weniger Behandlungseinheiten nötig sind. Das spart Zeit und ermöglicht eine kontinuierliche, bedarfsgerechte Behandlung.
Ab November startet auch in der Physiotherapie die Blankoverordnung. In anderen Therapiebereichen, wie der Ergotherapie, ist sie bereits eingeführt worden. Zurzeit gibt es die Blankoverordnung nur für Patienten mit Schulterbeschwerden. Ein Arzt kann für den Patienten eine solche Blankoverordnung ausstellen, die ab dem Ausstellungsdatum 16 Wochen lang gültig ist.
In der physiotherapeutischen Praxis führt ein Therapeut während der physiotherapeutischen Diagnostik eine Befundung des Patienten durch und legt daraufhin den Behandlungsplan fest. Ein großer Vorteil ist, dass die Behandlungen und Heilmittel während der Laufzeit der Blankoverordnung flexibel gewechselt werden können. Benötigt der Patient beispielsweise zu Beginn eine Massage oder Manuelle Therapie zur Lockerung und Verbesserung der Beweglichkeit, kann der Therapeut, sobald dieses Ziel erreicht ist, das Heilmittel wechseln. Im weiteren Verlauf könnte der Patient dann mit Krankengymnastik oder Krankengymnastik am Gerät mehr Übungen zur Stabilisierung und Kräftigung erlernen.
Ein weiterer Vorteil für den Patienten ist, dass er Kosten sparen kann, da nur einmal der Sockelbetrag für das Rezept gezahlt werden muss, anstatt möglicherweise mehrmals innerhalb derselben Zeitspanne. Für Therapeuten bietet die Blankoverordnung den Vorteil, dass sie individueller auf den Patienten eingehen und die Therapieform selbst bestimmen können.
Ein kleiner Nachteil besteht noch im erhöhten bürokratischen Aufwand, der mit der Blankoverordnung verbunden ist. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser im Laufe der Zeit reduzieren und die Abläufe sich einspielen werden.
Christian Mayer | https://www.physiovital-bamberg.de/
Welche Vorteile bietet die Blankoverordnung für Patienten?
Durch die Blankoverordnung profitieren Patienten vor allem von einer höheren Flexibilität und Individualität in der Therapie. Physiotherapeuten können die Therapieeinheiten exakt auf den Genesungsfortschritt des Patienten abstimmen. Zeigt sich zum Beispiel, dass der Patient langsamer oder schneller Fortschritte macht als ursprünglich angenommen, kann die Therapie entsprechend angepasst werden.
Ein weiterer Vorteil liegt in der eigenständigen Diagnostik, die in der Physiotherapiepraxis durchgeführt wird. Basierend auf dieser Diagnostik erstellt der Physiotherapeut einen individuellen Behandlungsplan und legt die Therapieziele fest. Patienten erhalten damit eine maßgeschneiderte Therapie, die auf ihre persönlichen Fortschritte und Bedürfnisse eingeht.
Indem der Therapeut die Behandlung direkt steuern kann, können Patienten in Zukunft eine Therapie erhalten, die genau auf ihre individuellen Heilungsverläufe abgestimmt ist, ohne für jede Anpassung zum Arzt zurückkehren zu müssen.
Finanzielle Auswirkungen der Blankoverordnung für Patienten
Für die Patienten entstehen durch die Blankoverordnung in puncto Zuzahlungen nur minimale Änderungen. Wie bei einer herkömmlichen Verordnung müssen sie auch hier 10 % der Kosten sowie eine Pauschale von 10 Euro pro Rezept übernehmen. Die genaue Höhe der Zuzahlung lässt sich bei Blankoverordnungen jedoch schwerer vorhersagen, da die Dauer und Anzahl der Behandlungen flexibel an den Genesungsprozess angepasst werden kann.
Erst am Ende der gesamten Therapie steht fest, wie viele Sitzungen tatsächlich stattgefunden haben und welche Zuzahlungen daraus resultieren. Patienten sollten daher mit ihrem Physiotherapeuten besprechen, welche Kosten voraussichtlich entstehen und wie sich diese am Ende berechnen.
Das flexible Kostenmodell bietet sowohl Vorteile als auch Herausforderungen: Einerseits schützt es Patienten vor unnötigen Kosten, da die Therapie exakt auf den Bedarf abgestimmt wird. Andererseits kann es durch die Anpassungen schwieriger sein, die endgültigen Kosten im Voraus zu planen.
Positive Effekte der Blankoverordnung für Ärzte und Physiotherapeuten
Die Einführung der Blankoverordnung bringt nicht nur Vorteile für die Patienten, sondern auch für die Ärzte und Physiotherapeuten selbst. Da Ärzte weniger detaillierte Vorgaben zur Therapie machen müssen, wird deren Arbeitsalltag entlastet. Physiotherapeuten profitieren von einer neuen Verantwortung und Selbstständigkeit, was ihnen ermöglicht, ihre Fachkenntnisse zielgerichtet einzusetzen und auf die Heilungsverläufe der Patienten einzugehen.
Dies stärkt die Zusammenarbeit im Gesundheitssystem, da Physiotherapeuten eine zentralere Rolle im Behandlungsprozess übernehmen. Für die Physiotherapiepraxen bedeutet dies eine Aufwertung ihrer Arbeit und eine neue Selbstbestimmung, die sie gezielt für eine effizientere Betreuung der Patienten einsetzen können.
Durch die Blankoverordnung entfällt außerdem der bürokratische Aufwand wiederholter Nachverordnungen durch den Arzt, was für Patienten und Therapeuten Zeit und Ressourcen spart.
Blankoverordnung: Ein Zukunftsmodell für flexible Physiotherapie
Die Blankoverordnung ist ein wichtiger Schritt zu einer flexibleren, patientenorientierten Gesundheitsversorgung. Die Möglichkeit für Physiotherapeuten, ihre fachliche Expertise voll auszuschöpfen und die Behandlung gezielt an den Genesungsfortschritt des Patienten anzupassen, ermöglicht eine bedarfsgerechte und individualisierte Therapie.
Patienten profitieren von einer individuellen, flexibel anpassbaren Therapie, die unnötige Arztbesuche vermeidet und ihnen eine kontinuierliche Betreuung ermöglicht. Auch das Gesundheitssystem profitiert: Durch die effizientere Nutzung von Ressourcen und die engere Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Physiotherapeuten wird eine optimale Versorgung sichergestellt.
Die Blankoverordnung stellt somit eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten dar und könnte als Modell für weitere Flexibilisierungen im Gesundheitswesen dienen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten für eine bedarfsgerechte, patientenfreundliche Versorgung, die auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmt ist und ihnen individuelle Therapien ohne bürokratische Hürden ermöglicht.