Seit Anfang Mai ist sie online: die digitale Bürgerbeteiligungsplattform bamberg-gestalten. “Es ist sicherlich ein richtiger und wichtiger Schritt ins digitale Zeitalter und ein neuer Ansatz in der Bamberger Stadtpolitik. Allerdings hätte ich mir ein deutlich durchdachteres System gewünscht”, berichtet Claudia John (Freie Wähler) für ihre Fraktion FW-BuB-FDP.
Was auf den ersten Blick wie eine gute Möglichkeit zur Beteiligung wirkt (ohne die teils unsachlichen Diskussionen aus den sozialen Medien), entpuppt sich bei genauerem Hinsehen aber als eine unsystematische Sammlung von Ideen ohne echte Abstimmung:
Ganz Deutschland kann Unterstützer werden
So ist es beispielsweise nicht möglich, über die Thesen der Verwaltung abzustimmen, was ja der eigentliche Punkt sein sollte. Die individuellen Vorschläge der Nutzer kann man per Klick “unterstützen” – welche Anzahl an Unterstützern erforderlich ist und in welcher Relation diese zu analoger Beteiligung oder zur Gesamteinwohnerzahl gesetzt werden, konnte bisher nicht beantwortet werden. Stattdessen können Leute aus ganz Deutschland “Unterstützer” werden (und zwar nur mit ihrer E-Mail-Adresse), was eine objektive, reale Einordnung der Zahlen noch unmöglicher macht.
“Man hätte schon erwarten können, dass man das Online-Portal zuerst im Stadtrat vorstellt, damit man nicht im Nachgang Korrekturen vornehmen muss”, meint Daniela Reinfelder (Bambergs unabhängige Bürger), Fraktionsvorsitzende von FW-BuB-FDP.
Und weiter: “Deshalb haben wir einen Antrag gestellt, der genau diese Fragen aufwirft! Wir sind gespannt, ob es Antworten dazu in der Vollsitzung am 19. Mai gibt!”
Offener Brief an Bürgermeister Jonas Glsüenkamp
Auch die Bürgerinitiative Bamberg.Gemeinsam.Mobil hat sich ausführlich mit dem Thema befasst und einen offenen Brief an Bürgermeister und Mobilitätsreferent Jonas Glüsenkamp geschrieben, der aber bislang leider unbeantwortet blieb.
“Liest man die Vorschläge der Verwaltung könnte man meinen, der letzte Flyer des Radentscheids wurde abgedruckt. Wichtige Punkte für alle Verkehrsteilnehmer wurden ausgespart!”, mahnt Florian Köhn, Sprecher der Bürgerinitiative, und geht noch einen Schritt weiter: “Sogar bestehende Stadtratsbeschlüsse wie beispielsweise zur Langen Straße werden in einem Nebensatz quasi aufgehoben!”.
Da es seit September 2020 kein Treffen mehr der Lenkungsgruppe Verkehrsentwicklungsplan gab, wurden die auf der Plattform vorgestellten Maßnahmen weder abgesprochen noch waren Ergänzungen möglich. “Dabei wäre es sicher interessant gewesen zu erfahren, was die Bamberger von einer Sperrung des Torschusters halten!”, fügt Köhn an.
Auf der Plattform laufen die Diskussionen zum Verkehrsentwicklungsplan langsam an. Dass man womöglich einen Fehler gemacht hat, zeigt die neuste E-Mail an alle Nutzer, man bitte um Verwendung von Klarnamen. Wie man diesen Fehler nachträglich beheben will, wird sich zeigen. Eines ist jedoch klar: Es braut sich was zusammen in der Stadt und der Unmut wächst.