In einem Doppelinterview für das Magazin ‚Leben im Erzbistum Bamberg‘ sprechen der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl und Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König über die Rolle der Kirche in der Gesellschaft, die Stärkung der Demokratie und die Freude am Glauben.
Dabei rufen sie zu verstärktem Engagement auf und betonen die Bedeutung der Kirchensteuer für soziale Aufgaben.
Kirche und Politik: Einsatz für Demokratie gefordert
Erzbischof Gössl und OB König betonen die wichtige Rolle der Kirche im politischen Diskurs. Gössl macht deutlich, dass die Kirche sich zwar nicht parteipolitisch positionieren, aber klare Haltung zeigen muss. Es sei ein großer Auftrag der Kirche, dazu beizutragen, „dass so etwas wie Nationalsozialismus in Zukunft
keine Chance mehr hat“. Marcus König fordert eine noch stärkere Positionierung der Kirche in Fragen der Demokratie: „In welcher Demokratie wollen wir leben? Die Kirche kann und sollte ihre Stimme lauter erheben.“ Beide sehen es als zentrale Aufgabe der Kirche, gegen Extremismus vorzugehen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern.
Kirchensteuer: Ein Beitrag zum sozialen Netz
Für König ist die Kirchensteuer unverzichtbar. „Das ist gut investiertes Geld. Soziale Aufgaben kann man nur wahrnehmen, wenn man Einnahmen hat.“ Die finanzierten Einrichtungen und die daraus entstehende Unterstützung für die Gesellschaft rechtfertigen für König die Abgabe. Gössl ergänzt, dass die Einnahmen dazu beitragen, das soziale Netz eng zu knüpfen, sodass möglichst viele Menschen davon profitieren können.
Freude am Glauben: Ein Schlüssel für die Zukunft
Beide Gesprächspartner betonen, dass der Glaube den Menschen wieder mehr Freude bereiten müsse. Gössl beobachtet, dass der Glaube oft als beschwerlich empfunden werde: „Ich habe manchmal den Eindruck, dass Glaube keinen Spaß machen darf und immer beschwerlich sein soll“. Aber das Gegenteil sei der Fall. Und König ergänzte: „Der Glaube muss wieder Freude machen.“ König unterstreicht, dass der Glaube ihm persönlich Kraft, Halt und Orientierung gebe – nicht nur privat, sondern auch beruflich. Er plädiert dafür, den Glauben positiv zu vermitteln und die Freude daran wieder stärker in den Mittelpunkt zu stellen.
Ökumene: Gemeinsam für eine starke Kirche
Einen weiteren Schwerpunkt sehen Gössl und König in der Ökumene. Angesichts sinkender Mitgliederzahlen der christlichen Konfessionen sei es wichtig, die Zusammenarbeit zwischen katholischen und evangelischen Gemeinden zu verstärken. König spricht sich für einen gemeinsamen Religionsunterricht aus und hebt den Evangelischen Kirchentag 2023 in Nürnberg als Vorbild hervor: „Das war ein Sommermärchen des Glaubens.“ Gössl schlägt vor, statt separater Großveranstaltungen wie dem Katholikentag und dem Evangelischen Kirchentag alle zwei Jahre einen gemeinsamen Ökumenischen Kirchentag zu organisieren, um die Einheit der christlichen Gemeinschaft zu fördern.
Kirche im Wandel: Warum der Glaube auch in einer kleineren Kirche wichtig bleibt
Abschließend sind sich beide einig, dass der Glaube auch in einer Zeit an Bedeutung behalten muss, in der die Kirche kleiner wird. Für Gössl ist es entscheidend, dass die Kirche ihren Auftrag in der Gesellschaft erfüllt und Hoffnung spendet. König ergänzt, dass die Verbindung von Glauben und Politik ein wichtiger Beitrag sei, um gesellschaftliche Herausforderungen zu bewältigen.
Ein Signal für die Gesellschaft
Das Doppelinterview von Gössl und König zeigt, wie Kirche und Politik gemeinsam für eine stärkere Demokratie und ein positives Glaubensleben eintreten können. Mit Engagement, Ökumene und dem Fokus auf soziale Aufgaben möchte die Kirche auch in Zukunft ein starker Partner für die Gesellschaft bleiben.