Ab November 2025 soll ein neuer Hebammenhilfevertrag in Kraft treten, der die Vergütung freiberuflicher Hebammen grundlegend verändert – mit drastischen Folgen für viele Geburtsstationen in Deutschland.
Besonders betroffen: sogenannte Beleghebammen, die nicht angestellt sind, sondern selbstständig im Krankenhaus arbeiten, Dienste flexibel planen und ihre Leistungen direkt mit den Krankenkassen abrechnen. Dieses System, das auch im Klinikum Bamberg Anwendung findet, deckt rund ein Viertel aller Geburten in Deutschland ab. Hebammen und Unterstützer befürchten nun das Ende dieser Form individueller Geburtshilfe – und kämpfen mit Petitionen gegen die geplanten Änderungen.
Deutliche Einschnitte bei der Vergütung
Kern der Kritik ist das neue Abrechnungsmodell: Für die Betreuung einer Geburt sollen Hebammen künftig nur noch 80 Prozent der bisherigen Vergütung erhalten. Kommen parallele Geburten hinzu – was in Stoßzeiten nicht ungewöhnlich ist – sinkt die Bezahlung drastisch: Für die zweite und dritte Geburt gibt es nur noch 30 Prozent, ab der vierten gar nichts mehr. Hinzu kommen Einschränkungen bei der Abrechnung ambulanter Leistungen im Vorfeld einer Geburt. Diese werden oft dann in Anspruch genommen, wenn Schwangere mit Komplikationen in den Kreißsaal kommen – und könnten künftig unvergütet bleiben. Hebammen sprechen deshalb von einem existenzbedrohenden Systemwandel, der die Qualität der Geburtshilfe massiv gefährde.
Auch Bamberg ist betroffen – Grüne stellen Anfrage
In Bamberg reagiert nun die Stadtratsfraktion Grünes Bamberg auf die Entwicklungen. Die Stadträte Christian Hader und Wolfgang Grader, beide Mitglieder im Stiftungsrat der Sozialstiftung Bamberg, fordern einen aktuellen Sachstandsbericht zur Situation im Bamberger Kreißsaal. „Zwar hat die Sozialstiftung keinen Einfluss auf die Inhalte des Vertrags – das liegt beim GKV-Spitzenverband – aber sie trägt Verantwortung für die Arbeitsbedingungen vor Ort und kann sich durchaus in die Debatte einbringen“, betonen Hader und Grader. Sie wollen das Thema auf die Tagesordnung des Stiftungsrats bringen und mögliche Unterstützungsmaßnahmen für Beleghebammen prüfen lassen.
Warnung vor Engpässen und Qualitätseinbußen
Die Sorge der Grünen ist deutlich: „Immer weniger Hebammen werden bereit sein, im Belegsystem im Kreißsaal zu arbeiten, angesichts der hohen Veranwortung und einer nun noch geringeren Bezahlung“ , so Christian Hader. Der hohe Verantwortungsdruck und die nun schlechtere Bezahlung könnten viele Hebammen zwingen, sich aus dem Belegsystem zurückzuziehen oder ganz aus der Geburtshilfe auszusteigen. Das hätte direkte Folgen für die Versorgung im Klinikum Bamberg – und damit auch für werdende Mütter und ihre Kinder. Wolfgang Grader warnt: „Die Leidtragenden wären vor allem die Gebärenden und ihre Babys.“
Zwei Petitionen gegen den Hebammenhilfevertrag
Der Widerstand gegen den neuen Vertrag formiert sich bundesweit. Zwei große Online-Petitionen fordern den Erhalt individueller Geburtshilfe und die Rücknahme der geplanten Änderungen: Rettet die Beleghebammen – Petition auf Change.org, Stoppt den neuen Hebammenhilfevertrag – Petition auf openPetition. Beide Petitionen erhalten tausende Unterstützungsunterschriften – ein klares Signal, dass die Zukunft der Geburtshilfe viele Menschen bewegt.
Bamberg steht vor entscheidenden Weichenstellungen
Die aktuelle Entwicklung rund um den Hebammenhilfevertrag ist mehr als ein bürokratischer Vorgang – sie stellt die Zukunft der Geburtshilfe in Bamberg und bundesweit auf den Prüfstand. Ob das bewährte Belegsystem erhalten bleibt, hängt auch davon ab, wie deutlich sich Verantwortliche vor Ort positionieren und welche Rahmenbedingungen für Hebammen geschaffen werden. Klar ist: Nur mit fairer Bezahlung, verlässlicher Unterstützung und politischem Willen kann eine sichere, individuelle Geburtshilfe dauerhaft gesichert werden – auch im Bamberger Klinikum.