Der Bamberger Hain ist nicht nur ein beliebtes Naherholungsgebiet, sondern auch Heimat eines ganz besonderen Bewohners: dem Eichenheldbock.
Dieser äußerst seltene und vom Aussterben bedrohte Käfer entwickelt sich über vier Jahre in alten Eichen, bevor er schlüpft. Um sowohl die Sicherheit der Parkbesucher als auch den Fortbestand der Käfer zu gewährleisten, wurden nun spezielle Zugversuche an vier knorrigen Alteichen durchgeführt – mit einem positiven Ergebnis: Keine der Bäume muss gefällt werden, sodass der Lebensraum des Eichenheldbocks erhalten bleibt.
Einzigartiger Lebensraum für seltene Käferarten
Der Eichenheldbock ist nicht der einzige schützenswerte Großkäfer im Hain. Auch der Eremit und der Hirschkäfer sind hier heimisch. Da der Bestand dieser Arten durch Forstwirtschaft und Siedlungsbau stark zurückgegangen ist, wurde der Bamberger Hain als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet unter europäischen Schutz gestellt. In Bayern gibt es nur noch zwei bekannte Vorkommen des Eichenheldbocks – eines davon befindet sich in Bamberg. Um diese seltene Art zu schützen, ist der möglichst lange Erhalt alter und absterbender Eichen von großer naturschutzfachlicher Bedeutung.
Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Naturschutz
So wertvoll die alten Eichen für den Artenschutz sind, bergen sie doch auch Risiken: Trockene Äste oder instabile Stämme könnten umstürzen und Parkbesucher gefährden. Michael Weber, Baumkontrolleur von Bamberg Service, erklärt: „Der Hain ist aber nicht nur ein Hotspot der Artenvielfalt, sondern auch ein Bürgerpark und somit müssen auch die Besucherinnen und Besucher vor umstürzenden Bäumen oder herunterfallenden Ästen geschützt werden“. Deshalb werden die Bäume regelmäßig kontrolliert und notwendige Maßnahmen in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde getroffen.
Zugversuche: Hightech-Prüfung für alte Bäume
Da an vier besonders dicken, vom Eichenheldbock besiedelten Alteichen keine eindeutige Aussage zur Standsicherheit getroffen werden konnte, wurde eine spezielle Untersuchungsmethode eingesetzt: der Zugversuch.
Dabei kommen hochpräzise Messgeräte zum Einsatz:
- Ein Zugseil wird am Baum befestigt.
- Eine Seilwinde zieht vorsichtig am Stamm – simuliert wird die Belastung durch Wind.
- Die Reaktion des Baumes wird durch Messgeräte an Stamm und Wurzeln aufgezeichnet.
- Mikroskopische Verformungen liefern wichtige Daten zur Standfestigkeit.
Das Ergebnis der Untersuchungen ist erfreulich: Alle geprüften Bäume sind standsicher und können erhalten bleiben – ein Erfolg für den Artenschutz!
Investition in den Naturschutz
Diese aufwendige Baumuntersuchung ist deutlich kostenintensiver als herkömmliche Maßnahmen wie Totholzentfernung oder Fällungen. Dennoch hat sich die Stadt entschieden, diese Mehrkosten zu tragen, um den Lebensraum der Käfer zu bewahren. Thomas Fischer, Naturschutzbeauftragter des Umweltamts, betont: „Im Spannungsfeld zwischen Verkehrssicherungspflicht und Naturschutz müssen immer wieder tragbare Lösungen gefunden werden, um beiden Belangen gerecht zu werden.“ Deshalb entstehen im Bamberger Hain immer wieder sogenannte Hochstümpfe – bewusst stehen gelassene Baumstümpfe, die als neuer Lebensraum für holzbewohnende Insekten dienen.
Ein Vorbild für nachhaltige Stadtökologie
Die Maßnahmen im Bamberger Hain zeigen, wie Sicherheit und Naturschutz in Einklang gebracht werden können. Durch den gezielten Erhalt alter Bäume bleibt der Lebensraum für seltene Käferarten bestehen, während Parkbesucher weiterhin sicher durch die idyllischen Wege des Hains spazieren können. So bleibt der Bamberger Hain ein einzigartiger Ort – für Mensch und Natur gleichermaßen.