Im vier Minuten Takt fahren 31 Krankenfahrzeuge am 29.02.1984 durch Bamberg. Nicht nur Rot-Kreuz Sanitäter, sondern auch unzählige ehrenamtliche Helfer sind im Einsatz.
Es gilt rund 600 Patienten quer durch Bamberg ins Klinikum am Bruderwald zu befördern. Eine schwerkranke Frau muss mit dem Hubschrauber nach Erlangen verlegt werden. Währenddessen erblickt in der Frauenklinik ein Kind das Licht der Welt.
An nahezu allen Stoppschildern und roten Ampeln auf dem Weg zum Klinikum am Bruderwald Bamberg sind grün-beige uniformierte Polizisten zu sehen. Mit ihren weißen Kellen winkend, versuchen sie den Krankenwägen dauerhaft eine freie Fahrt zu gewährleisten. Gerade an den Kreuzungen der Touristenstadt Bamberg eine oft schwierige Aufgabe. Immer wieder ertönt lautes Hupen, wenn in einem Autofahrer das Gefühl aufkeimt, zu lange warten zu müssen.
Die Polizisten behalten ihre Nerven und versuchen zu beruhigen. Dabei sind sie selbst angespannt. Aus den Funkgeräten rauscht es unaufhörlich. Trotz des Verkehrslärms muss auf jede Ansage geachtet, jeder weitere Krankenwagen rechtzeitig gemeldet werden. Nur durch gewissenhafte Koordination des Verkehrs kann es gelingen, den Tag unfallfrei zu überstehen.
In der Luft und am Boden aktiv
An den beiden Polen des Transportweges kümmern sich 258 Rotkreuzhelfer mit 31 Krankenfahrzeugen um die Patienten. Nach und nach werden sie mit ihren Betten zum Eingang des Krankenhauses gefahren. Dort geht die Reise mit Krankenwägen weiter. Alle vier Minuten bricht ein neuer Reisender auf. Immer mit demselben Ziel: Das Klinikum am Bruderwald unbeschadet zu erreichen. Nur bei einer Patientin kommt es zu einem Zwischenfall. Die Schwerstkranke wird mit einem Hubschrauber nach Erlangen verlegt.
Während sie in die Uniklinik Erlangen geflogen wird, geht der Transport auf dem Boden weiter. Am neuen Klinikum angekommen werden die Patienten durch weitere Helfer freundlich begrüßt und zügig auf ihre neuen Zimmer und in ihre neuen Betten gebracht. Schnell muss es gehen, dennoch sollen die Patienten weder körperlich, noch nervlich strapaziert werden.
Wie in einem Bienenstock summt und brummt es acht Stunden lang in der ganzen Stadt. Seit acht Uhr sind fast 1000 Menschen auf den Beinen. Ob Patient, Pfleger, Arzt oder Polizist, für alle hält dieser Tag seine eigenen Herausforderungen bereit.
Durch gute Vorbereitung zum Erfolg
„Es mag vielleicht nach außen hin so gewirkt haben, aber es war auf keinen Fall chaotisch!“, sagt Jürgen Wachter der noch bis ins Jahr 2013 stellvertretender Kreisgeschäftsführer des BRK Kreisverbandes Bamberg war. Am Umzug vom Krankenhaus Sandstraße in das neue, als „Jahrhundertbauwerk Bambergs“ gefeierte, Klinikum am Bruderwald, am 29. Februar 1984, war er aktiv beteiligt. Im Vorfeld half er als Rotkreuzsanitäter die fast 300 Helfer in verschiedene Gruppen einzuteilen. Beim Einsatz selbst war er in der Abteilung für Medizin und Chirurgie eingesetzt.
Seiner Ansicht nach ging der große Tag reibungslos über die Bühne. „Es gab eigentlich keine Probleme. Wir waren ja gut vorbereitet.“, resümiert er. Gemeinsam mit den helfenden Kollegen aus Forchheim und anderen Nachbarlandkreisen bereitete sich Jürgen Wachter durch Infoabende, persönliche Gespräche und Dienstbesprechungen gut auf den Einsatz vor. Von größeren Schwierigkeiten sei daher auch niemand ausgegangen.
Ob die Verlegung der schwerkranken Patientin mit dem Hubscherauber dem Umzug anzulasten ist, oder nicht, vermag Jürgen Wachter nicht zu sagen. Wahrscheinlicher sei es aber, dass dieser Zwischenfall ihrer Krankheit und nicht dem Umzug zuzuschreiben ist.
Neugeborenes weiht Frauenklinik ein
Insgesamt könne man also durchaus von einem glücklichen und sehr erfolgreichen Verlauf des Tages sprechen. Dennoch war es ein anspruchsvoller und kräftezehrender Tag für alle Beteiligten. „Wir waren alle froh, als wir dann gegen 15 Uhr endlich alles geschafft hatten und einen Umtrunk heben konnten“, erinnert sich Wachter und lacht. „Es war dann schön das Ganze sacken lassen zu können und noch einmal in ruhiger Atmosphäre darüber zu reden, bevor alle nach Hause gehen.“
Beim gemütlichen Reden machte eine besondere Botschaft die Runde. Noch während des Umzuges erblickte in der neuen Frauenklinik das erste Kind das Licht der Welt.
Jahrhundertumzug 29.02.1984: Aufgrund des Schaltjahres 1984, feiert Bamberg am Samstag, den 1. März 2014, das 30-jährige Jubiläum des Umzugs von 600 Patienten. Das alte Krankenhaus in der Sandstraße wurde aufgegeben und die Patienten binnen acht Stunden in den Neubau des Klikikums am Bruderwald gebracht. Bereits im Vorfeld wurden so viele Patienten wie möglich entlassen, um die Zahl der Transporte möglichst gering zu halten. Das von langer Hand geplante Projekt wurde als „Jahrhundertumzug“ bekannt und ist bis heute bayernweit einzigartig.
Bamberger Klinikum feiert 2024 seinen 40. Geburtstag
Das Bamberger Klinikum am Bruderwald feiert seinen 40. Geburtstag. Vor vier Jahrzehnten zog das Krankenhaus von der Unteren Sandstraße zum aktuellen Standort um und begann 1984 offiziell seinen Betrieb am Bruderwald. Dies markierte das Ende einer fast 200-jährigen Geschichte des Krankenhauses am linken Regnitzarm. Mit dem Umzug wurden die Grundstücke des alten Krankenhauses für neue Zwecke nutzbar gemacht.
Das historische Erthal-Bau wurde in ein Hotel umgewandelt, während die Chirurgie von 1901, der Erlwein-Bau, heute das Stadtarchiv beherbergt. Andere Gebäude dienen nun städtischen Diensten und Einrichtungen wie dem Marionettentheater Loose und dem „Club moderner Hausfrauen“. Die Aufwertung des umliegenden Bereichs, des Leinritts, ist bereits teilweise umgesetzt.