Das Vertrauen in die Polizei sinkt – und das nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa.
Dabei gilt gerade dieses Vertrauen als Grundpfeiler demokratischer Legitimität. Besonders stark betroffen sind Menschen mit Einwanderungsgeschichte, die häufiger von Diskriminierung berichten als die Gesamtbevölkerung. Eine neue Studie der Universität Bamberg zeigt nun: Nicht nur direkte negative Erfahrungen mit der Polizei selbst, sondern auch alltägliche Diskriminierungserlebnisse außerhalb polizeilicher Kontexte untergraben das Vertrauen in staatliche Institutionen – allen voran in die Polizei.
Studie der Universität Bamberg untersucht Vertrauen und Diskriminierung
Die Untersuchung wurde von Prof. Dr. Sabrina Mayer und Lisa Walter vom Lehrstuhl für Politische Soziologie durchgeführt und kürzlich im renommierten Fachjournal ‚Ethnic and Racial Studies‘ veröffentlicht. Grundlage der Studie sind Daten aus dem DeZIM.panel, einer repräsentativen Befragung mehrerer Tausend Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte in Deutschland. Für die aktuelle Analyse wurden die Antworten von 1.001 Befragten ausgewertet, die entweder selbst eingewandert sind oder deren Eltern aus dem Ausland stammen.
Diskriminierungserfahrungen mindern Vertrauen nachhaltig
Die Ergebnisse der Studie sind deutlich:
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Diskriminierung durch die Polizei führt zu deutlich geringerem Vertrauen in die Behörde – oft schon nach einem einzigen negativen Erlebnis.
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Faire und respektvolle Polizeikontakte dagegen können Vertrauen sogar stärken – teils stärker als bei Menschen, die gar keinen Kontakt zur Polizei hatten.
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Rassistische Diskriminierung im Alltag, etwa am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum, wirkt sich ebenfalls negativ auf das Vertrauen in die Polizei aus – selbst wenn keine direkten Erfahrungen mit der Polizei bestehen.
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Besonders Menschen der zweiten Generation, also in Deutschland Geborene mit familiärer Einwanderungsgeschichte, zeigen eine höhere Sensibilität gegenüber strukturellem Rassismus. Bei ihnen fällt der Vertrauensverlust besonders stark aus.
Diese Zusammenhänge verdeutlichen, dass Vertrauen in die Polizei weit über einzelne Begegnungen hinausgeht – und eng mit gesellschaftlichen Erfahrungen von Fairness, Gleichbehandlung und Anerkennung verbunden ist.
„Vertrauen entsteht nicht nur im Polizeikontakt“
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Vertrauen in die Polizei nicht nur im direkten Kontakt entschieden wird. Auch alltägliche Diskriminierungserfahrungen spielen eine zentrale Rolle – sie untergraben das Vertrauen in staatliche Institutionen insgesamt“, erklärt Prof. Sabrina Mayer. Ihre Kollegin Lisa Walter ergänzt: „Dass faire Begegnungen mit der Polizei das Vertrauen erhöhen können, verdeutlicht, wie wichtig professionelles und diskriminierungsfreies Handeln für die Legitimität der Polizei ist“. Beide Forscherinnen betonen, dass Polizei und Politik gemeinsam gefordert sind, Strukturen zu schaffen, die Diskriminierung vorbeugen und Vertrauen gezielt fördern.
Differenzierte Perspektive auf Diskriminierung und Vertrauen
Während sich frühere Studien meist auf polizeispezifische Diskriminierung konzentrierten, geht die Bamberger Forschung einen Schritt weiter. Mayer und Walter unterscheiden zwischen:
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Personen ohne Polizeikontakt und solchen mit diskriminierungsfreien Polizeibegegnungen,
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Diskriminierungserfahrungen mit der Polizei und rassistischen Erfahrungen im Alltag,
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sowie Unterschieden zwischen Generationen von Menschen mit Migrationsgeschichte.
Dieser differenzierte Ansatz ermöglicht ein tieferes Verständnis dafür, wie sich strukturelle und individuelle Diskriminierungserfahrungen gegenseitig beeinflussen und wie daraus langfristige Vertrauensdefizite entstehen können.
Gesellschaftliche Verantwortung und politische Konsequenzen
Die Studie macht deutlich: Diskriminierung gefährdet Vertrauen – und damit die demokratische Stabilität. Vertrauen in die Polizei ist eng mit der Wahrnehmung von Gerechtigkeit, Transparenz und Respekt verbunden. Wenn diese Prinzipien verletzt werden, leidet nicht nur das Ansehen der Polizei, sondern auch das Vertrauen in weitere staatliche Institutionen wie Parlamente oder Regierungen. „Deswegen sind umfassende Strategien gegen Diskriminierung und Rassismus notwendig, die sowohl die Alltagserfahrungen Betroffener berücksichtigen, als auch institutionelle und strukturelle Ebenen einbeziehen“, betonen die Forscherinnen.
Vertrauen als gemeinsame Aufgabe
Die Ergebnisse aus Bamberg unterstreichen, dass faire Behandlung, Empathie und Gleichberechtigung die Grundlage für Vertrauen in staatliche Institutionen bilden. Polizei, Politik und Gesellschaft stehen gemeinsam in der Verantwortung, Diskriminierung konsequent zu bekämpfen und Begegnungen auf Augenhöhe zu fördern. Nur wenn sich alle Menschen – unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe – gerecht behandelt fühlen, kann das Vertrauen in Polizei und Demokratie nachhaltig gestärkt werden.