Wenig Einfluss, hohe Psychopathie – eine gefährliche Mischung: Wer sich in einer Beziehung machtlos fühlt und gleichzeitig psychopathische Persönlichkeitszüge aufweist, neigt laut zwei neuen Studien der Universität Bamberg deutlich häufiger zu psychologischer Aggression.
Dazu zählen verbale Angriffe wie Beleidigungen, Drohungen oder abwertende Kommentare. Bemerkenswert ist: Auch die Partnerinnen und Partner solcher Menschen zeigen häufiger aggressives Verhalten.
Wenn Macht fehlt und Psychopathie hoch ist
„Besonders konflikthaft wird es, wenn Menschen mit hohen psychopathischen Persönlichkeitszügen ein geringes Gefühl von Macht in ihrer Beziehung erleben“, erklärt Dr. Robert Körner vom Lehrstuhl für Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik der Universität Bamberg. Macht wird dabei als sozialer Einfluss und Möglichkeit, Entscheidungen in der Partnerschaft zu treffen, verstanden. Psychopathie wiederum beschreibt Persönlichkeitsmerkmale wie Antagonismus, Egozentrik und geringe Empathie. In der Paarbeziehung führt diese Kombination dazu, dass Betroffene eher psychologische Aggression anwenden – mit Folgen für beide Seiten.
Zwei Studien, viele Einblicke
Die Forschung stützt sich auf zwei umfassende Untersuchungen:
- Studie 1: 188 Einzelpersonen in romantischen Beziehungen
- Studie 2: 266 Paare in Deutschland, darunter auch queere Partnerschaften
Die Teilnehmenden waren zwischen 18 und 90 Jahre alt und befanden sich teils erst wenige Wochen, teils seit Jahrzehnten in einer Beziehung. Sie beantworteten online Fragen zu Alter, Geschlecht, Beziehungsdauer, sexueller Orientierung, persönlichem Machtgefühl, Persönlichkeitsmerkmalen und aggressivem Verhalten.
Psychologische Aggression im Fokus
„Das zentrale Ergebnis: Menschen, die sich in ihrer Beziehung wenig einflussreich fühlen und gleichzeitig hohe Ausprägungen von Psychopathie zeigen – also wenig Empathie, Impulsivität und antisoziale Tendenzen –, neigen deutlich häufiger zu psychologischer Aggression“, betont Prof. Dr. Astrid Schütz.
Psychologische Aggression zeigt sich unter anderem durch:
- Anschreien und Drohen
- Beleidigungen und Abwertungen
- Emotionale Manipulation
Diese Form der Gewalt ist weniger sichtbar als körperliche Übergriffe, kann aber langfristig tiefe psychische Spuren hinterlassen.
Auswirkungen auf die Partnerin oder den Partner
Ein besonderer Aspekt der Bamberger Studien: Das Team untersuchte nicht nur das Verhalten einzelner Personen, sondern auch die Wechselwirkungen innerhalb der Beziehung. Das Ergebnis: Wer mit einem machtlosen und hochpsychopathischen Partner zusammenlebt, zeigt selbst mehr aggressives Verhalten. „Wir konnten zeigen, dass auch die Partnerinnen und Partner von den Personen, die geringe Macht und hohe Psychopathie aufwiesen, aggressiver waren“, so Körner. Damit wird deutlich: Aggression ist nicht nur ein individuelles, sondern auch ein partnerschaftliches Phänomen.
Bedeutung für Prävention und Beratung
Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Aggressive Behavior, liefern wertvolle Hinweise für Prävention, Psychotherapie und Paarberatung. Sie verdeutlichen, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Psychopathie eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Weitergabe von Aggression spielen. Langfristig könnten die Erkenntnisse dabei helfen, frühzeitig Risikofaktoren zu erkennen, destruktive Beziehungsmuster aufzubrechen und präventive Maßnahmen zu entwickeln.