Zum Jahreswechsel tritt die nächste Stufe der Mindestlohnerhöhung in Kraft: Ab 1. Januar 2026 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 13,90 Euro, ab 2027 auf 14,60 Euro.
Die Entscheidung markiert einen weiteren Meilenstein in der deutschen Arbeitsmarktpolitik und betrifft Millionen Beschäftigte im gesamten Bundesgebiet.
Forschung mit politischer Relevanz
Prof. Dr. Matthias Dütsch, Arbeitsforscher an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, begleitet die Entwicklung seit vielen Jahren wissenschaftlich. Sein Forschungsschwerpunkt: Wie wirkt der Mindestlohn – ökonomisch, gesellschaftlich und sozial? „Der Mindestlohn ist mehr als eine Zahl“, betont Dütsch. „Er ist ein Instrument des Arbeitsschutzes und Ausdruck gesellschaftlicher Gerechtigkeitsvorstellungen.“ Besonders profitieren benachteiligte Gruppen wie Ungelernte, Frauen, Beschäftigte in Ostdeutschland sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsangehörigkeit.
Zwischen Bamberg und Berlin: Forschung, die Politik beeinflusst
Die Professur von Dütsch ist eine Kooperation mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Zuvor war er viele Jahre in Berlin in der Geschäfts- und Informationsstelle für den Mindestlohn tätig, die die Mindestlohnkommission unterstützt. Seine Forschung fließt direkt in politische Entscheidungsprozesse ein: Daten zu Arbeitszeiten, Beschäftigungsentwicklung, Preisen und Wettbewerbsfaktoren bilden die Grundlage für Mindestlohnberichte, die die Politik regelmäßig auswertet. „Unsere Forschungsergebnisse haben dazu beigetragen, politische Diskussionen zu versachlichen“, sagt Dütsch.
Zehn Jahre Mindestlohn: Bilanz und offene Fragen
2025 feierte der Mindestlohn sein zehnjähriges Bestehen. Seit seiner Einführung hat sich die Lohnstruktur merklich verschoben:
-
Der Niedriglohnsektor ist geschrumpft.
-
Viele Beschäftigte konnten ihr Einkommen erhöhen.
-
Erste Studien zeigen positive Effekte auf den Gender Pay Gap.
Gleichzeitig mussten einige Betriebe Arbeitszeiten anpassen, was wiederum die individuell verfügbaren Einkommen dämpfte. Wirtschaftlich sei die Einführung jedoch für den Großteil der Unternehmen ‚gut verkraftbar‘ gewesen, so Dütsch.
Gerechtigkeitsempfinden spielt große Rolle
Ein weiterer Schwerpunkt der Forschung betrifft die gesellschaftliche Wahrnehmung. Interessant: Mindestlohnerhöhungen gelten dann als besonders gerecht, wenn auch andere Berufsgruppen Lohnzuwächse erhalten. Das zeigt laut Dütsch, dass Lohnpolitik immer eng mit Wertvorstellungen zu Fairness und Solidarität verknüpft ist.
Neuer Forschungsfokus: Mentale Gesundheit
Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Marvin Reuter plant Dütsch eine neue Studie über die Auswirkungen des Mindestlohns auf die psychische Gesundheit. Die Forscher wollen herausfinden, ob und wie sich verbesserte Löhne auf Stress, Belastung und Wohlbefinden der Beschäftigten auswirken.
















